Wie man Kunden verärgern kann, ein aktuelles Praxisbeispiel

Stellen Dir vor, Deine Kaffeemaschine ist theoretisch noch OK. Sie macht was sie soll, manchmal widerspenstig, aber sie arbeitet. Ein paar Macken und Gebrauchsspuren, aber selber bist Du ja auch nicht besser. Du weisst aber, dass auch diese glückliche Beziehung zu Deiner Kaffeemaschine irgendwann enden wird.

Du hast Bekannte mit der gleichen Maschine. Und vor kurzem war dort, ohne Vorwarnung und ganz unverhofft, eines Tages einfach Schluss. Irgendwann wirst Du Deine Maschine ersetzen müssen. Und falls Du der Typ bist, der das gleiche Glück wie ich gepachtet hat, wird Dir die Maschine am Sonntag aussteigen. Und ohne Kaffee, an einem Montag?

Darum hast du im Hinterkopf schon lange diesen Gedanken, wenn ich demnächst an einem guten Angebot vorbeikomme, dann mach ich Schluss mit meiner alten Maschine bevor sie es tun kann.

Dann ist der Tag gekommen, Du siehst ein vielversprechendes Angebot, ein Angebot wie dieses:

Also, das ist wirklich ein Angebot. Und wenn Du sowieso schon vorher eine solche Maschine hattest, dann ist dies der «Perfect Match». Das Angebot ist allerdings nicht Online erhältlich, Du musst Dich auf den Weg in die Filiale Deines Vertrauens machen.

Du findest in Deiner Region einige Niederlassungen des Anbieters (so über 20 Stück) und Du entscheidest Dich, nicht in den kleineren Laden um die Ecke zu gehen, sondern Du gehst in den grössten Dir bekannten Laden im Umkreis in der Region. Du lässt alles stehen und liegen und machst Dich auf den Weg bevor Dir jemand zuvor kommt und Dir die letzte Maschine vor Deiner Nase wegschnappt.

Im Geschäft Deines Vertrauens angekommen gehst Du gespannt durch die Filiale und suchst das Angebot. Und du findest: Nichts.

Du sprichst die Mitarbeiter in der Filiale an, betreffend der Aktion mit der Kaffeemaschine. Sie erklären Dir, dass Du Dich nicht betreffend der Aktion geirrt hast, aber sie leider keine Maschine erhalten hätten. Sie hatten auch mit anderen Filialen Kontakt, doch auch diese hätten keine Maschinen erhalten. Also, nicht «keine Maschinen mehr», sondern erst «gar keine Maschinen erhalten».

Zum Glück läuft Deine Maschine ja noch, Du kannst, unverrichteter Dinge (Du hast Deinen Einkauf sowieso schon dort erledigt, obwohl sie Deine Lieblingskeckse, welche Du beim Frustessen haben willst, und Du willst jetzt frustessen, nicht im Sortiment führen) nach Hause gehen. Aufgrund der Auskunft gehst Du schon gar nicht in den anderen kleinen Filialen vorbei um heraus zu finden, ob sie allenfalls doch die Maschinen hätten, Du gehst nach Hause und kontaktierst? Richtig – Den Kundendienst.

Es ist Montag, die Kaffeemaschine funktioniert noch immer und Du bekommst, gerade als Du genüsslich deinen Forte Lungo trinkst, die Nachricht vom Kundendienst:

Nachdem ich diese freundliche und ehrliche Rückmeldung erhalten habe, frage ich mich doch bei einigen Punkten:

  1. Gemäss Anzeige steht die Limitierung «nicht in allen Filialen», was für mich bedeutet, in der Mehrheit der Filialen. Ansonsten hätte aus meiner Sicht «nur in wenigen Filialen erhältlich, limitiertes Angebot» stehen sollen. Für mich und mein Verständnis von klarer Kommunikation einen Fehler (bei so wenigen Maschinen hätten sie diese lieber in einem Gewinnspiel verlost oder noch besser, Online verkauft).
  2. Der Satz «Ob noch Bestände verfügbar sind, ist uns leider nicht bekannt» hätte lauten müssen: «Wir haben in der Filiale angerufen und Ihnen eine Maschine reserviert, sofern Sie diese heute noch abholen würden» oder «Wir haben in der Filiale angerufen und es hat noch Bestände verfügbar, bitte rufen Sie die Nummer 058 999 06 85 an und geben Sie Bescheid, ob sie eine Maschine reservieren wollen. Die Filialleitung ist informiert. Oder «wir bedauern, aber es sind aus dieser Aktion keine Maschinen mehr verfügbar».
  3. Man sollte dem Kunden immer eine Lösung anbieten können. Mein Problem wurde zwar verstanden. Bedauern ja, eine Entschuldigung nein, eine Wiedergutmachung oder andere Kompensation, Fehlanzeige. Ich denke mir nur: Servicewüste!

Was ich nun aus dieser Situation mache? Ich schreibe diesen Blog, ich werde über LinkedIn den Anbieter angehen (und ihm eine Schulung in Kundendienst- und Kommunikationsprozessen anbieten) und vermutlich werde ich auf eine andere Maschine, die im Sonderangebot steht, umsteigen.

Denn eines kann ich nicht verstehen: Wenn die Unternehmen tatsächlich aufgrund der Online-Anbieter und der Konkurrenz unter diesem riesigen Druck stehen würden, der sie dazu bringt Personalkosten einzusparen, bei Lieferanten bei Preisverhandlungen in Kampfhandlungen wie Parallelimport oder Boykott zu verfallen und dann können Sie sich, mit ihrem einzigen Profilierungskriterium, dem persönlichen Kundenservice, profilieren und sie verspielen diesen Vorteil?

Gute Kundenbeziehungen entstehen, wenn bei einem Fehlschlag Kompetenz gezeigt wird.

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